Die ägyptische Mythologie ist eine Sammlung von Mythen aus dem alten Ägypten (gr. "aigyptos"), in denen die Handlungen der ägyptischen Götter beschrieben werden, um die Welt um sie herum zu verstehen.
Eine fremdartige Welt ist die altägyptische Hochkultur mit ihren tierköpfigen Gottheiten, die in zahlreichen Abbildungen überkommen sind. Auch die fluchbeladenen Mumien üben ihre eigene Faszination aus, wie die eng mit dem Totenkult verwobene gewaltige Bautätigkeit der Ägypter. Mit den Pyramiden schufen sie die massivsten und dauerhaftesten Bauten der Erde.
Der Glaube, den diese Mythen zum Ausdruck bringen, ist ein wichtiger Teil der altägyptischen Religion. Mythen tauchen häufig in ägyptischen Schriften und in der Kunst auf, insbesondere in Kurzgeschichten und in religiösem Material wie Hymnen, Ritualtexten, Grabreden und Tempeldekorationen. Diese Quellen enthalten selten eine vollständige Darstellung eines Mythos und beschreiben oft nur kurze Fragmente.
Inhalt
Ägyptische Mythen sind in erster Linie metaphorisch und übersetzen das Wesen und Verhalten der Götter in Begriffe, die die Menschen verstehen können. Jede Variante eines Mythos stellt eine andere symbolische Perspektive dar und bereichert das Verständnis der Ägypter für die Götter und die Welt.
Die Mythologie hat die ägyptische Kultur tiefgreifend beeinflusst. Sie inspirierte oder beeinflusste viele religiöse Rituale und bildete die ideologische Grundlage für das Königtum. Szenen und Symbole aus dem Mythos erschienen in der Kunst in Gräbern, Tempeln und Amuletten. In der Literatur wurden Mythen oder Elemente daraus in Geschichten verwendet, die von Humor bis hin zu Allegorien reichen, was zeigt, dass die Ägypter die Mythologie für eine Vielzahl von Zwecken nutzten.
Zyklen
Die alten Ägypter versuchten, alle Phänomene, die sie beobachten konnten, durch das Prisma jahrhundertealter Glaubensvorstellungen zu deuten. Der Begriff des Zyklus ist dabei von zentraler Bedeutung.
Inspiriert von den Zyklen der Natur sahen die Ägypter die Zeit in der Gegenwart als eine Reihe von wiederkehrenden Mustern, während die frühesten Zeitabschnitte linear waren. Die Mythen sind in diesen frühesten Zeiten angesiedelt, und der Mythos gibt das Muster für die Zyklen der Gegenwart vor. Die Ereignisse der Gegenwart wiederholen die Ereignisse des Mythos und erneuern auf diese Weise die Maat, die grundlegende Ordnung des Universums.
Zu den wichtigsten Episoden aus der mythischen Vergangenheit gehören die Schöpfungsmythen, in denen die ägyptischen Götter das Universum aus dem Urchaos formen, die Geschichten von der Herrschaft des Sonnengottes Ra über die Erde und der Osiris-Mythos, der vom Kampf der Götter Osiris, Isis und Horus gegen den störenden Gott Set handelt. Zu den Ereignissen aus der Gegenwart, die man als Mythen bezeichnen könnte, gehören Ra's tägliche Reise durch die Welt und ihr jenseitiges Gegenstück, der Duat.
Zu den immer wiederkehrenden Themen in diesen mythischen Episoden gehören der Konflikt zwischen den Bewahrern der Maat und den Kräften der Unordnung, die Bedeutung des Pharaos für die Aufrechterhaltung der Maat und der ständige Tod und die Wiedergeburt der Götter.
Mythen
Einige der wichtigsten Kategorien von Mythen werden im Folgenden beschrieben. Aufgrund des fragmentarischen Charakters der ägyptischen Mythen gibt es in den ägyptischen Quellen kaum Hinweise auf eine chronologische Abfolge der mythischen Ereignisse, dennoch sind die Kategorien in einer sehr lockeren chronologischen Reihenfolge angeordnet.
Inhalt
Mythos der Schöpfung
Die große Vielfalt des altägyptischen Kults spiegelt sich auch in den Schöpfungsmythen wider, die je nach Region (oder sogar Stadt) und ihren Schutzgöttern variieren: Re, Isis, Seth, Horus, Anubis. So existierten in den verschiedenen Teilen des Königreichs nicht nur eine, sondern mehrere Kosmogonien (Mythen über die Erschaffung der Welt) nebeneinander. Die bekanntesten sind die von Heliopolis, Hermopolis, Theben und Syene (Elephantine-Assuan).
Die Kosmogonien geben alle die Existenz eines schöpferischen Prinzips zu, aber jeder Nomos (Brauch) sieht in seinem Schutzgott den Demiurgen (Erbauer), der diese Schöpfung hervorgebracht hat. Die am weitesten verbreitete Kosmogonie ist die von Heliopolis, die einen solaren Demiurgen (Re in einer seiner Formen) als Schöpfer hat und eine göttliche Genealogie angibt, die bis zum Pharaonengott Horus zurückreicht.
Ermordung des Osiris
Der Osiris-Mythos ist die ausführlichste und einflussreichste Erzählung der altägyptischen Mythologie. Er erzählt von der Ermordung des Gottes Osiris, eines alten Königs von Ägypten, und deren Folgen.
Sein Bruder Seth, der ihn tötet, reißt seinen Thron an sich. In der Zwischenzeit stellt Osiris' Frau Isis den Körper ihres Mannes wieder her, so dass sie posthum einen Sohn, Horus, empfangen kann. Der Rest der Geschichte konzentriert sich auf Horus, den Sohn von Isis und Osiris, der zunächst ein verletzliches Kind ist, das von seiner Mutter beschützt wird, später aber zu Seths Rivalen um den Thron wird. Ihr oft gewalttätiger Konflikt gipfelt im Triumph von Horus, der nach der ungerechten Herrschaft von Seth die Maat (kosmische und soziale Ordnung) in Ägypten wiederherstellt und den Prozess der Auferstehung von Osiris vollendet.
Der Mythos ist von zentraler Bedeutung für die ägyptischen Vorstellungen vom Reich und seiner Nachfolge, vom Konflikt zwischen Ordnung und Unordnung und insbesondere vom Tod und dem Leben nach dem Tod. Er drückt auch den grundlegenden Charakter jeder der vier Hauptgottheiten aus, und viele Elemente ihres Kultes in der altägyptischen Religion wurden aus dem Mythos abgeleitet.
Die Osiris-Legende nahm ihre wesentliche Form um oder vor dem 24. Jahrhundert v. Chr. an. Teile des Mythos tauchen in einer Vielzahl ägyptischer Texte auf, die von Begräbnistexten über magische Beschwörungen bis hin zu Erzählungen reichen.
Griechische und römische Schriften, insbesondere Plutarchs (46 v.Chr. – 119 n.Chr.) "Über Isis und Osiris" in seiner "Moralia" (lateinisch für „Sitten“, „Gebräuche“ oder „Mores“), liefern viele Informationen, geben aber den ägyptischen Glauben nicht immer genau wieder.
Sonnenschiff des Ra
Sonnenbarken waren die Schiffe, die der Sonnengott Ra in der altägyptischen Mythologie benutzte. Tagsüber benutzte Ra ein Schiff namens Mandjet oder das "Boot der Millionen Jahre", und das Schiff, das er nachts benutzte, war als Mesektet bekannt.
Dem ägyptischen Mythos zufolge gab Ra, als er zu alt und zu müde wurde, um auf der Erde zu regieren, seine Herrschaft auf und begab sich in die Lüfte. Ra reiste angeblich auf einem Kahn durch den Himmel und versorgte die Welt mit Licht. Jedes Zwölftel seiner Reise bildete eine der zwölf ägyptischen Tagesstunden, die jeweils von einer Schutzgottheit überwacht wurden. Wenn die Sonne unterging und die Dämmerung einsetzte, passierte er mit seinem Schiff den Akhet, den Horizont, im Westen und reiste in die Unterwelt.
Jede Nacht versuchte die riesige Schlange Apophis, der Gott des Chaos (isfet), Ra anzugreifen und die Reise des Sonnenschiffs zu verhindern. Nachdem er die Schlange besiegt hatte, verließ Ra die Unterwelt und kehrte im Morgengrauen zurück, um den Tag erneut zu erleuchten.
Geburt des Königskindes
In verschiedenen ägyptischen Texten wird ein ähnliches Thema behandelt: die Geburt eines göttlich gezeugten Kindes, das das Erbe des Königtums antritt. Diese Götterkinder sind Thronfolger, die die Stabilität des Landes wiederherstellen werden.
Das früheste bekannte Auftreten einer solchen Geschichte scheint kein Mythos zu sein, sondern eine unterhaltsame Volkserzählung, die im Westcar-Papyrus des Mittleren Reiches über die Geburt der ersten drei Könige der fünften Dynastie Ägyptens zu finden ist. In dieser Geschichte sind die drei Könige die Nachkommen von Ra und einer menschlichen Frau.
Dasselbe Thema taucht in einem streng religiösen Kontext im Neuen Reich auf, als die Herrscher Hatschepsut, Amenhotep III. und Ramses II. in Tempelreliefs ihre eigene Empfängnis und Geburt darstellten, bei der der Gott Amun der Vater und die historische Königin die Mutter ist. Mit der Aussage, der König stamme aus dem Kreis der Götter und sei bewusst vom wichtigsten Gott der Zeit erschaffen worden, gibt die Geschichte der Krönung des Königs einen mythischen Hintergrund, der neben der Geburtsgeschichte erscheint. Die göttliche Verbindung legitimiert die Herrschaft des Königs und begründet seine Rolle als Vermittler zwischen Göttern und Menschen.
Gerichtshof der Unterwelt
Das altägyptische Totengericht (auch Gerichtshof der Unterwelt) ist eine Vorstellung in der Mythologie des Alten Ägypten. Es besteht aus einem Tribunal von 42 Totenrichtern, die im Amduat, Pfortenbuch und im Totenbuch darüber entscheiden, welche Ba-Seelen in die Unterwelt übertreten dürfen (Amduat) beziehungsweise welche Ba-Seelen die Erlaubnis zur Vereinigung mit ihrem Leichnam erhalten (Pfortenbuch, Totenbuch).
Das primäre Ziel einer erfolgreichen Verhandlung vor dem Totengericht war die Umwandlung des Toten in einen gerechtfertigten Ahnengeist und nicht, wie öfter angenommen, der Übergang aus der Welt der Lebenden in die Welt der Toten. Hierzu war die körperliche Reinheit des Toten unabdingbar. Die positive Entscheidung des Totengerichts dokumentierte die erfolgreiche Loslösung der Sünden vom Körper des Toten. Mit der anschließenden Verklärung war es dem Toten möglich, den Übertritt nach Sechet-iaru („Gefilde der Binsen“) in die Götterwelt vornehmen zu können und mit den Göttern die weitere Fortexistenz zu vollziehen.
Wesen
Die Ägypter verehrten zahlreiche ägyptische Gottheiten. Die Urgötter sind in einer Götter-Achtheit, die jüngeren in einer Neunheit vereint. Alle Wesen waren in 4 Klassen geteilt, Gottheiten, Achu, Menschen und Tote.
Ägypten galt, sicher auch wegen seiner alten Kultur, als das Land, aus dem die Zauberei herstammte. Zahllose Gottheiten, Helden oder Dämonen waren hier geboren (das gilt auch für die jüdisch-christliche Kultur, z. B. wuchs in Ägypten Mose auf, auch Jesus soll auf der Flucht vor dem Kindermord des Herodes mit Josef und Maria nach Ägypten emigriert sein), lebten zeitweise hier, fanden hier Zuflucht (z. B. Asmodi oder die griechischen Olympier auf der Flucht vor dem Typhon) oder ihr Ende.
Die Zigeuner bezeichnete man auch als Ägypter. Man hielt sie, besonders ihre Frauen, für Wahrsager und Zauberer und schrieb ihnen Ägypten als Herkunft zu (vgl. Achim v. Arnim „Isabella von Ägypten”).
Geschichte
Die ägyptische Kultur ist eine der ältesten Hochkulturen der Erde. Um 3000 v. Chr. entstand das erste Reich aus Unter-Ägypten mit dem Nildelta und Ober-Ägypten, welches das Niltal von Kairo bis Assuan umfaßte. Um diese Zeit wurden Schrift (Hieroglyphen) und Kalender entwickelt, es folgten Steinbaukunst, Malerei und Plastik. Ein Gottkönig, der Pharao, herrschte über eine organisierte Beamten- und Priesterschaft. Wichtige Residenzen waren Memphis (bei Kairo) und Theben (nahe Luxor).
Mythischer Stammvater aller Ägypter soll Misor gewesen sein. Er war eines der beiden Kinder der Gottheiten Amunos und Magos. Der andere Name war Sydyk. Misor habe den ersten Tempel von Sais erbaut und sei ein Enkel eines atlantischen Priesters gewesen, der vor dem König Chronos von Atlantis an den Nil geflohen war - so jedenfalls meinte Paul Schliemann, der Enkel des Ausgräbers von Troja, es in altägyptischen Papyri gelesen zu haben, die Ägypten als Kolonie des versunkenen Reiches Atlantis dargestellt hätten
Bereits seit dem zweiten Jahrtausend bestanden enge Beziehungen zu Griechenland, wobei die ägyptische Kultur die der Griechen nachhaltig beeinflusste. Bereits das Altertum kannte eine Art Tourismus, viele namhafte Denker bereisten das Land und erhielten von ihm Denkanstöße, z. B. Thales, Herodot, möglicherweise auch Platon, dazu ungezählte Kaufleute.
Von 332 bis 31 v. Chr. war Ägypten von Griechen beherrscht, erst von Alexander, dann von den Ptolomäern. 30 v. Chr. geriet es nach der Schlacht von Actium unter römische Herrschaft. Die Römer sogen das fruchtbare und reiche Land aus, vermochten es aber nicht völlig zu ruinieren. 634 n. Chr. wurde Ägypten von Arabern erobert und allmählich islamisiert.
Zeittafel
Die 3000jährige Geschichte des ägyptischen Reiches wird in 3 Epochen mit Zwischenzeiten eingeteilt, die ihrerseits etliche Herrscherdynastien erlebten:
- um 3000 Reichseinigung
- 2955 - 2655 Frühzeit (1.-2. Dynastie)
- 2655 - 2155 Altes Reich (3.-6. Dynastie; Bau der Pyramiden)
- 2155 - 1994 1. Zwischenzeit (7.-11. Dynastie)
- 1994 - 1650 Mittleres Reich (12.-14. Dynastie)
- 1650 - 1555 2. Zwischenzeit (15.-17. Dynastie)
- 1550 - 1080 Neues Reich (18.-20. Dynastie z. B. Tutanchamun (1333 - 1323))
- 1080 - 664 3. Zwischenzeit (21.-25. Dynastie)
- 664 - 332 Spätzeit (26.-31. Dynastie)
Nil
Betrachtet man eine Karte Ägyptens, so versetzt es in Erstaunen, wie ein Land, das fast ausschließlich von Wüste bedeckt ist, derartige Leistungen hervorbringen kann. Alles Leben in Ägypten hängt vom Nil ab, der das Land von Süden nach Norden durchströmt und sich in einem fruchtbaren Delta in das Mittelmeer ergießt. Zwischen der Sahara im Westen und der arabischen Wüste im Osten spielt sich, abgesehen von einigen Oasen, bis heute fast alles Leben in Ägypten in diesem Niltal ab.
Die Abhängigkeit vom Nil und seinem regelmäßigen Hochwasser war prägend für die alten Ägypter, hing doch die Ernte und damit das Überleben von ihm ab, der mit der Nilschwemme das Niltal überflutete. Der sich ablagernder Schlamm des Flusses war es, der dem Land die Nährstoffe brachte, sein Wasser ermöglichte das Leben.
Die Flut war demnach für die Landwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Durch Beobachtung der Gestirne ließ sich ihr Zeitpunkt berechnen, so daß die Priester-Astronomen, die die Vorhersage trafen, eine wichtige Stellung innehatten.
400-Jahr-Stele: Seth
An die Errichtung des Seth-Kultes Baalartiger Prägung erinnert die 400-Jahr-Stele. Diese Stele stammt aus der Zeit Ramses II., der ein Sohn von Sethos I. (Seti) war. Die Stele war ursprünglich in Avaris (Auaris) aufgestellt und wurde dann nach Tanis | Pi-Ramesse geschafft. Mit dieser Stele stellte der Pharao Ramses II. seine Abstammung klar. Er beschreibt seine Ahnen als Nachfahren des Gottes Seth und will seine eigene Abkunft zu Seth damit bekräftigen.
Die Stele ist in Bezug auf die Genealogie und Identität der genannten Beamten, wie auch aufgrund der Ära Datierung in das 400. Jahr des Gottes Seth heiß umstritten. Ungewöhnlich ist auch die Darstellung eines Privatmanns in gleicher Größe wie der Pharao.
Wahrscheinlich ist, dass der Gott Seth schon vor den
Hyksos im Nildelta von den dort ansässigen Semiten verehrt wurde. Seine Verehrung setzte sich auch nach Vertreibung der Hyksos fort und blühte zur Ramessidenzeit wieder auf.
Es besteht eine Verbindung zwischen Seth und dem Kanaanäischen Baal (ägyptisch Bar), ebenso zu den semitischen Gottheiten Astarte und Anat. Die Götternamen im alten Israel wurden häufig mit den Keilschriftzeichen des so genannten Seth-Tieres geschrieben; es handelt sich wahrscheinlich um ein in der Wüste lebendes Fabeltier, ähnlich dem Greif.
Seth galt auch als ein Gott der Zerstörung; Orte mit besonderem Seth-Kult waren die Wüstenrandgebiete wo die Karawanenrouten begannen.